
Immer für immer willst du bestimmen.
Es ist 7 Uhr morgens. Ich gebe meinem Sohn einen Gutenmorgenkuss und hoffe, dass heute einfacher alles läuft. Er schaut mich bösartig an und fragt:
-Was ist los?
Ich erkläre ihm, dass schon morgen ist und er ins Kindergarten gehen muss.
Er dreht sich auf die andere Seite und schnarcht weiter. He, was ist das jetzt? Hat er mich nicht gehört?
-Tiger steh auf! Ich habe es eilig, muss arbeiten.
Da dreht er sich auf einmal und sagt:
-Du hast es immer eilig. Immer, immer!
Ich lasse mich von meinem Kind nicht beleidigen . Nein, das tue ich nicht!
-Raus aus dem Bett!- sage ich im Befehltton.
Er steht auf, nicht willig aber steht schon auf.
-„Immer für immer willst du bestimmen“- sagt er zu mir und läuft ins Bad.
Ich decke den Tisch langsam allein denn auf seine Unterstützung kann ich mir nicht mehr verlassen. Es ist doch sehr spät geworden. Als er ins Bad fertig ist, geht er nochmal ins Kinderzimmer um anzuziehen.
-Super!- denke ich jetzt geht’s vorwärts.
Mein Sohn ist toll. Er kommt gerade zu frühstücken. Schon fertig angezogen. Angezogen?! Aber was hat er denn heute an?
-Wieso hast du kurze Hose an? Und warum keine Socken?
Er schaut mich so komisch an und ich lese schon seine Gedanken ins Gesicht:
„Was ist denn Mama? Draussen scheint die Sonne. Es sind 30 grad. Ist doch klar .“
Na ja, das denke ich mir. Schön wäre, er würde sowas sagen, denn hätte auch gepasst. Nein die Wahrheit ist laut und deutlich:
-Ich bestimme selbst, was ich anziehe. Jeder darf selbst bestimmen. Hast du doch selber gesagt!
Schon wieder bummmm. Der kleine schaut zu und isst ruhig. Ich versuche auch ruhig zu bleiben und ihm erklären wie die Sache mit Selbstbestimmung so ist. Was habe ich aber davon? Er wird lauter und versucht mir die Meinung zu manipulieren. Irgendwann reicht mir und sage: Schluss!
Es wird gegessen, dann Zähne geputzt und los ins Kindergarten. Er ist ganz bockig und schaut mich wütend an. Na ja, es ist morgen. Ich verzeihe ihm schon. Kaum sind wir fertig mit Frühstücken und Zähne putzen, fängt der andere Runde an.
-Ich will bestimmen, welche Sandalen ich anziehe.
-Was für Sandalen?- fragte ich. Draussen regnet stark.
-Es ist egal. Mir ist nicht kalt.
-Ich bestimme!Du darfst für mich nicht bestimmen!
Och schon wieder. Eigentlich reicht mir langsam. Der kleine braucht Hilfe gerade bei Schuhen anziehen. Am wenigsten ist einer brav. Warte! Der andere hört auf mich? Also so schlecht kann ich nicht erziehen. Toll. Das klingt schon gut! Als ich den kleinen fertig habe, versuche ich den Tiger die Schuhe anzuziehen.
-Ich möchte nicht die schwarze Schuhen sondern die Orangen. Ich will bestimmen, nicht du.
Mein Mann hatte Recht. Ich hätte den Kindern nicht so viele Schuhe und Sandalen gekauft. Wenig Auswahl, keine Probleme.
-„Gut dafür darfst du bestimmen“ – sage ich liebervoll und streichel seine blonde Haare. Jetzt geht es endlich.
-Sag nicht mehr, ich bestimme immer für dich. Das stimmt nicht- sage ich zu meinem Kind.
-Doch! Es stimmt!-sagt er laut.
-Ich überhöre alles, damit es weiter geht. Als Eltern muss man nicht alles kommentieren oder?
Schon fertig . Helme an und los mit Fahrräde. Was ist denn jetzt? Der kleine Sonnenschein möchte Bobycar fahren.
-Was mit Bobycar bis ins Kindergarten? Das dauert bis morgen… Heute kann ich vergessen noch zu arbeiten.
Wir fahren Laufrad. Machen Wettbewerb. Danach können wir gerne mit den Kinder zum Spielplatz mit Bobycar fahren.
-Nein, ich will nicht- sagt der kleine Sonnenschein.
-Es geht leider nicht anders! „Jetzt komm wir müssen gehen“ -sage ich ins Befehlton.
Der Tiger ist schon draussen, der Sonnenschein auch. Ich bin erleichtert und eile mich weiterhin bis plötzlich etwas stört meine Ohren wieder.
-„Immer für immer, willst du bestimmen“- sagt der Sonnenschein wütend zu mir.